Nicht unterkellertes Gebäude und Wasserstand auf Oberkante Gelände?

Wie hoch muss die Abdichtung geführt werden? Das war doch nie so? Ist doch 30cm? Wir haben doch eine WU-Sohle!
oder auch nach dem Schaden:
Die Außenanlagen hat der Bauherr angelegt. Wir haben gesagt es soll eine Rinne eingebaut werden!

Konkret geht es um diese häufig angetroffene Situation. Ein nicht unterkellertes Gebäude, bei dem Oberkante Gelände auf Oberkante Fertigfußboden liegt. Die Bodenplatte ist gegen Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser abgedichtet ebenso die Sockelabdichtung. Der Baugrund ist als wenig wasserdurchlässig eingestuft und im Bodengutachten findet sich kein und nur ein „kleiner“ Hinweis, dass der Bemessungswasserstand Oberkante Gelände liegt.

Die Situation ist normativ schlicht nicht zulässig. Die folgenden Fragen führen oft zu einigen Kopfschütteln bei dem Bauleiter. Nicht ganz unschuldig daran ist die aktuelle Normung, die zwar die Fälle nennt, aber nicht planerisch unterstützt. Geregelt ist die Situation jedoch schon seit Jahren, wenn auch die konkrete Situation erstmals explizit in der DIN 18533 genannt wird.

Auslöser für die explizite Nennung ist, dass Schäden von nicht unterkellerten Gebäuden in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Vorwiegend im Bereich von Terrassentüren, kommt es zu Feuchte- / Wasserschaden. Auslöser hierfür ist oft der Wunsch der Nutzer nicht nur einen barrierefreien Eingang, sondern auch ein barrierefreie Terrasse zu haben, sowie zunehmende Starkregenereignisse. Die Standartlösung: „Hier müssen Sie eine Rinne einbauen“, greift hier oft zu kurz.

Um Welche Begriffe geht es?

Bemessungswasserstand

Ich ignoriere ggf. angegeben Hochwasserstände. In dem Fall ist:
„Der Bemessungswasserstand ist der Bemessungsgrundwasserstand (HGW), der sich witterungsbedingt und auf Grund hydrogeologischer Beschaffenheit im Baugrund einstellen kann“ [DIN 18533]
Dieser ist nun eben nicht ausreichend ermittelt mit: „Zum Zeitpunkt der Untersuchung wurde Wasser in 3m vorgefunden.“

Das „Lastfall aufstauende Sickerwasser“ (nach alter DIN 18195) wird in der Festlegung ebenso berücksichtigt. Also die Frage, ob es sich um stark wasserdurchlässigen Boden oder „wenig wasserdurchlässigen“ Boden handelt. (ob der hier immer noch gültige Wert k>10-4 m/s noch „zeitgemäß“ ist, ist eine andere Diskussion. Grob gilt: ab Grobsand ein Boden als stark wasserdurchlässig)
Ein „Wasserstand“ von 3m und eine Rinne vor den Terrassentüren haben keinen Effekt, wenn bei Starkregen das Wasser Oberkante Rinne steht.

Wird keine Festlegung getroffen, ist die Norm sehr klar:

Ohne objektbezogene konkrete Feststellungen muss der HGW auf Geländeoberkante oder bei örtlichen Hochwasserrisiken auf Höhe des höchsten anzunehmenden HHW angesetzt werden. [DIN 18533]

Daher lautet die Aussage in Bodengutachten oft: Der Bemessungswasserstand liegt auf Oberkante Gelände.
Es macht also durchaus Sinn bei der Beauftragung des Bodengutachters nicht nur nach dem Preis zu entscheiden, sondern auch den richtigen Auftrag zu geben.

 Wassereinwirkungsklasse und was hat sich geändert?

Geändert hat sich eigentlich nichts, nur etwas vereinfacht.
Der alte Lastfall „aufstauendes Sickerwasser“ (DIN 18195) ist entfallen. Die aktuelle Normung hat die Fälle vereinfacht, die Ursache ist nicht mehr relevant, unterschieden wird nur noch in „Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser“ (W1E) und „drückendes Wasser (W2E)“.

Was bedeutet das für das Beispiel?

Fall 1: Der Bemessungswasserstand liegt 50cm unter der Abdichtungsebene, der Boden besteht aus stark wasserdurchlässigem Boden.

Mit W l-E darf nur gerechnet werden, wenn sowohl der Baugrund bis zu einer ausreichenden Tiefe unterhalb der Abdichtungsebene wie auch das Verfüllmaterial der Arbeitsräume aus stark durchlässigen Böden (k >IO-4 m /s nach DIN 18130-1] bestehen und die Unterkante der Abdichtungsebene mindestens 50 cm oberhalb des Bemessungswasserstandes liegt. Eine ausreichende Tiefe der stark durchlässigen Boden­ schichten liegt vor, wenn in Abhängigkeit von der Wasserdurchlässigkeit der unterlagerten Bodenschichten und der Menge des in den verfüllten Arbeitsraum eindringenden Oberflächen- und Sickerwassers eine die erdberührten Bauteile beanspruchende Stauwasser-bildung sicher vermieden wird. [DIN 18533]

Also eine problemlose Standardsituation.

Fall 2: Es liegt kein stark wasserdurchlässiger Boden vor; der Bemessungswasserstand ist auf Oberkante Gelände im Bodengutachten festgelegt.

Wird der Mindestabstand von 50 cm zum HGW/HHW unterschritten, ist die Abdichtung bis mindestens 30 cm über HGW/HHW nach W2.1-E (Abdichtungsschicht unter Bodenplatte] auszulegen. Darüber kann im Wandbereich eine Abdichtung nach W l-E vorgesehen werden.

Das ist der problematische Fall, wenn der Rohbau bereits steht. Eine Abdichtung der Bodenplatte gegen drückendes Wasser ist vielleicht noch erfolgt. Problematisch ist die Abdichtung 30 cm über HGW/HHW. Kaum ein Nutzer wird eine 30 cm „Stufe“ bei seinen Terrassentüren akzeptieren. Die Abdichtung gegen drückendes Wasser (W2E) müsste umlaufend, also auch im Bereich der Türen gewährleistet sein. Dies ist praktisch nicht umsetzbar.

Lösungsmöglichkeiten:

Vor Erstellung kann planerisch das Haus angehoben werden. Wenn die Zugänge mit stark wasserdurchlässigem angelegt werden.

Ob die angegebenen 15 cm ausreichend sind, muss im Einzelfall geprüft werden.

Ist der Rohbau bereits erstellt und gibt es keine Möglichkeiten über Geländemodulation die Situation zu verbessern. Bleibt noch die Möglichkeit eine Dränage einzubauen.

Bei Sickerwasser kann die Einwirkung aus drückendem Wasser durch eine funktionsfähige Dränung nach DIN 4095 verhindert werden, dann liegt W1.2-E vor (…). Grund- und Schichtenwasser darf nicht gedränt werden (siehe DIN 4095 :1 9 9 0 -0 6 , Fall c]) und wirkt auf die Abdichtung als drückendes Wasser ein.

Eine funktionsfähige Dränage ist jedoch nicht unaufwändig. Als erstes muss geprüft werden, ob die sog. Vorflut sicher abgeleitet werden kann und darf. Konkret kommt es immer auf dem Einzelfall an, bei einem bereits erstellten Gebäude ist eine Dränage oft die einzige verbleibende praktikable Möglichkeit.

Verbunden mit deutlichen Mehrkosten führt dies zu unangenehmen Diskussionen. Diese kann man sich ersparen, wenn die Bodenverhältnisse in einer frühen Phase der Planung ausreichend berücksichtigt werden.